Wenn das Wetter gut ist, können wir über einen Hügel auf einem Feldweg nach Leblang fahren. Oberhalb von Leblang gibt es eine kleine Hütte, in der die Familie von Andrei im Sommer lebt, weil sie dort die Kühe für jemanden aus Leblang betreuen. Wenn ich mit dem Auto von oben, auf diese Hütte zufahre, rennen mir Andrei und seine Geschwister oft schon winkend und strahlend entegegen. Andrei wartet dann schon darauf, mit in unser Programm zu kommen.
Andrei geht in die 2. Klasse und hat insgesamt 13 Geschwister. Einige sind schon ausgezogen und haben wieder selbst Kinder. Mit Andreis Familie sind wir schon lange verbunden. Ich erinnere mich noch daran, wie seine älteren Schwestern vor einigen Jahren immer nur zu uns ins Programm kommen konnten, wenn sie einige ihrer kleinen Geschwister auf dem Arm mit ins Programm “geschleppt” haben, auf die sie nachmittags aufpassen mussten. Manchmal haben dann Anne und ich Kleinkinder auf dem Arm geschaukelt, damit diese Schwestern auch einmal in Ruhe basteln konnten. Jetzt ist eine dieser Mädchen weggezogen und hat bereits ihr erstes Kind. Sie ist jetzt wahrscheinlich 15 Jahre alt. Ich habe sie leider seitdem nicht mehr gesehen. Eine zweite (ca. 13) wohnt zwar weiterhin in Leblang, ist aber “verheiratet” (d.h. sie wohnt mit ihrem festen Freund zusammen) und darf nicht mehr zu uns ins Programm kommen, weil sie Wäsche waschen und kochen muss – ungelogen, das hat mir ihr Freund so gesagt, als ich gefragt habe, ob sie mit mir kommen kann!
Aber Andrei kommt ganz regelmäßig zu uns. Er bastelt sehr gern und hat immer wieder sehr gute eigene Ideen, wie zum Beispiel aus den Knete-Buchstaben ein Bild zu formen. Das hat er sich selbst ausgedacht. Ich bin froh, dass Andrei in die Schule geht, denn einige seiner Geschwister gehen nicht hin. Er kann ganz gut rechnen, aber man muss auch bei ihm aufpassen, dass man ihn nicht frustriert. Denn sonst gibt er leicht auf. Das ist überhaupt eine Schwierigkeit, die ich über die Jahre bei der Arbeit in Leblang gelernt habe: Viele der Kinder, besonders aus ärmeren Verhältnissen, haben nur eine sehr niedrige Frustrationstoleranz. Deshalb fällt es ihnen oft schwer neue Dinge einzuüben.
Aber wenn wir spielend üben geht es deutlich besser, so wie mit der Knete…